Nats/ May 6, 2018/ on the other side (mainly USA)

Wie stelle ich mir ein Paradies vor? Sonne, Fruchtbäume, saftige Landschaften, plätschernde Gewässer, glückliche Tiere und lächelnde Menschen. Alles gehüllt in eine stressfreie, zwanglose, mystisch-spirituelle Atmosphäre mit Zeit für Achtsamkeit, Entspannung, Essen. Da fühlt man sich gleich wohl und beschützt. Oder?! Die aufgeführten Attribute kann ich faszinierender weise auf Kaua’i anwenden, es ist schon paradiesisch hier. Aber fühle ich mich beschützt?!

Hmm, als ich im Januar hier ankam, gab es nach drei Tagen eine Raketenwarnung, es drohte ein Atomangriff auf den amerikanischen Bundesstaat Hawai’i. Ich wähnte mein letztes Stündlein als geschlagen. Fehlalarm war da dann ein willkommenes Wort. Das kannte ich nur aus der Schule, wenn mal wieder ein vorwitziger Halbstarker den Feuermelder eingeschlagen hatte. Einen ganzen Staat in Aufruhr zu bringen?! Echt komisches Versehen war das! Warum sind die Alarmknöpfe in den Bunkern nicht auch wie in der Schule hinter Glas, so dass man da nicht so rumtapsen kann?! 😉 Verschwörungstheoretiker hatten anschließend ihre großen Momente. Denn wenn es nach denen ginge, gab es einen echten Angriff, der aber abgewendet wurde. Weil nur aus Versehen für knappe 40 Minuten in Alarm versetzen? Wer macht denn sowas…?!

Flutwarnungen gab es in den letzten Monaten ebenfalls oft, was aber nicht verwunderlich ist, denn es sind die winterlichen Niederschläge und gewisse Wege und Flüsse müssen aus den Bergen einfach viel Wasser aus den Anhöhen abtransportieren . Und dieses Wasser kombiniert mit dem Regen in den tieferen Gefilden kommt dann schneller bei den Ausläufern an, als es ins Meer abfließen kann. Dann kam die Flut. Als vor drei Wochen soviel Regen fiel, wie noch nie zuvor, zerstörten alle zusammenfließenden Fluten schlichtweg drei Städtchen. Einfach weggeschwemmt. Es gab 127cm Regen in 24 Stunden – dann ging der Regenmesser kaputt. Und es schauerte weiter…

Bevor eine weitere Naturkatastrophe uns nachher noch unnötig bangen lässt: Unser Haus ist seit zwei Wochen gegen aufwirbelnde Hurricanes gesichert. Hunderte Winkel halten nun alle Dachteile fest, our House müsste jetzt schon wie im Zauberer von Oz in Gänze wegfliegen, um dann beispielsweise auf einer bösen Hexe zu landen. 😉

Nun kam aber erstmal der Vulkan. Also, der war schon da, es ist offensichtlich, dass Hawai’i vulkanischen Ursprungs ist. Das ganze Archipel gestaltete sich aus erkalteter Lava, welche vor Jahrmillionen bis zur Meersoberfläche aufgetürmt wurde als das Gestein in der Tiefe kochte. Auf allen Inseln schmücken Krater-Ränder charakteristisch die Landschaft. Dies ist ein traumhafter Anblick, wenn man mal kurz vergisst, dass hier recht viel Aktivität unter dem Erdmantel stattfand; stattfindet: Kilauea ist der aktivste Vulkan der Welt. Sein Ausbruch dauert nun schon Jahrzehnte an, kontinuierlich fließt glühende Lava ins Meer und erkaltet dort spektakulär. Die Insel wächst. Nun haben Erdbeben den heißen Strom des Dauerbrenners verstärkt, der Boden von Big Island ist an vielen Stellen aufgebrochen und glühendes Gestein quillt  heraus. Es verbrennen Straßen, Häuser, Wälder.

Wir hier auf Kaua’i sind vom verstärkten Ausbruch nicht betroffen, liegen die Inseln doch 500 Kilometer auseinander. Auch die Erdbeben haben wir hier nicht gespürt. Was aber bereits seit Jahren wissenschaftlichen Spekulationen Nahrung gibt, ist das Szenario, dass bei einer stärkeren Eruption der speiende Berg auseinander bricht und durch das Herabfallen und ins Meer sinken von massig Felsen ein Welle ausgelöst würde. Ein Tsunami. Die Riesenwelle würde theoretisch in die andere Richtung gedrückt, also weg von uns – die perfekte Welle! Aber weiß man’s?! Hach, es ist echt spannend hier.

Und so ist sogar das Leben im Paradies mitunter wie der Tanz auf einem Vulkan…

 Paradiesisch. Im Hintergrund Hanaley Valley mit einem Hauch von Krater.